Aue-Bad Schlema - Erstellung eines integrierten energetischen Quartierskonzeptes

Aue-Bad Schlema - Erstellung eines integrierten energetischen Quartierskonzeptes

Deutschland steht vor dem Hintergrund des Klimawandels vor der Herausforderung zur deutlichen Reduktion seiner Treibhausgasemissionen. Das Bundesverfassungsgericht hat hier alle öffentlichen Stellen bereits 2021 in die Pflicht genommen. Mit dem Klimaschutzgesetz wurde ein 1. Schritt unternommen; danach sind bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 65 Prozent (mit Referenz 1990) zu reduzieren. Und bis 2045 ist die Treibhausgasneutralität zu erreichen1. Hierbei müssen alle energieverbrauchenden Sektoren ihren Beitrag leisten, also nicht nur Bund, Land und Gemeinden, sondern auch die Bürger.
Dabei ist die Versorgung mit Wärme ein wichtiger Sektor. Im Jahr 2022 entfielen lediglich 18 Prozent der Wärmebereitstellung auf die Nutzung erneuerbarer Energieträger2. Daher wurden Ende 2023 das Wärmeplanungsgesetz (WPG)3 erlassen und das Gebäudeenergiegesetz (GEG)4 deutlich überarbeitet. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen zielen darauf ab, eine klimaverträgliche Wärmeversorgung von Gebäuden zu erreichen. Dies ist eine große Herausforderung und wird große Anstrengungen erfordern.
Gegenwärtig wird für die Gemeinden die sogenannte kommunale Wärmeplanung (KWP) eingeführt. Allerdings gab es solche Zielstellungen in den Gemeinden auch vorher, die auch über Förderprogramme unterstützt wurden. Zu diesen zählten z.B. integrierte Quartierskonzepte nach dem KfW-Programm Nummer 4325. Danach konnten die Kommunen Konzepte für ein Quartier erarbeiten, um eine energetische Sanierung anzustoßen. Dies beschränkt sich nicht allein auf die Gebäude, sondern zum Beispiel auch auf den Verkehrsbereich. Die Quartierskonzepte sollen Ansätze aufzeigen, um technisch und wirtschaftlich umsetzungsfähige Lösungsansätze zu beschreiben. Die individuellen Voraussetzungen innerhalb des Quartiers (Gebäudestruktur, Energiequellen, Verkehrsstrukturen etc.) sind in diesem Zuge technisch, ökonomisch und ökologisch einzuschätzen. Im Vergleich zu einer kommunalen Wärmeplanung gemäß WPG ist festzuhalten, dass ein solches Konzept deutlich konkreter ist, als es die kommunale Wärmeplanung sein wird. Allerdings ist es noch keine detaillierte Projektplanung. Diese schließt sich an, wenn die zu einer klimagerechten Quartiersgestaltung vorgeschlagenen Einzelprojekte konkret angegangen werden sollen.
In diesem Spannungsfeld hat die Große Kreisstadt Aue-Bad Schlema (rund 20.300 Einwohner) im Jahr 2023 einen Förderbescheid zur Erstellung eines integrierten energetischen Quartierskonzeptes erhalten. Aue-Bad Schlema liegt im Erzgebirgskreis und gehört zum Städteverbund Silberberg. Der Kurort Bad Schlema mit ca. 4.700 Einwohnern grenzt westlich an das Stadtgebiet Aue und östlich an die Bergstadt Schneeberg an. Die Bebauung im Quartier ist geprägt durch freistehende Wohnhäuser mit im Wesentlichen ein oder zwei Wohneinheiten.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde hier ab 1946 auf Veranlassung der sowjetischen Besatzungsmacht in großem Umfang unter einfachsten technischen Verhältnissen Uran abgebaut. Unmittelbar im Anschluss an die Wiedervereinigung Deutschlands setzte eine enorme Sanierungstätigkeit ein, welche die gesamten Hinterlassenschaften des Uranbergbaus umfasste. Die Grubenschächte des Uranabbaus der Wismut GmbH wurden geflutet.
Infolge der Flutung entstand eine langfristig nutzbare, weil regenerative, Niedertemperaturwärmequelle, sodass bereits früh erste Überlegungen zur Nutzung dieser regenerativen Wärmequelle entstanden.
Das aktuell in Erarbeitung befindliche Quartierskonzept ist zum 25.10.2023 gestartet und hat einen Schwerpunkt in dem Bereich Wärmeversorgung.
Das Konzept wird von der DBI Gas- Umwelttechnik GmbH (Leipzig/Freiberg), der Technischen Universität Bergakademie Freiberg (Lehrstuhl für technische Thermodynamik, Freiberg) und der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG, Zittau/Bochum) erarbeitet und untersucht insbesondere die Potenziale der Grubenwasser-Geothermie zur Wärmeversorgung der Wärmeabnehmer im Quartier. Hierzu ist die enge Zusammenarbeit zwischen den vor Ort beteiligten Akteuren unerlässlich. Dies sind u.a. die Kurgesellschaft, die Wismut GmbH, die Stadtwerke Aue und Schneeberg sowie zahlreiche städtische Vertreter.
Für den Bereich Wärmeversorgung wird zunächst eine Bestandsanalyse erstellt, welche die aktuelle Energiebedarfssituation mit den entstehenden Treibhausgasemissionen betrachtet. Wesentliche Wärmeabnehmer in diesem Quartier sind die Kurgesellschaft und Friedrich-Schiller-Schule. Im nächsten Schritt folgt eine Potenzialanalyse einschließlich einer Analyse des Wärmedargebots aus den Grubenwasservorkommen. Die von der Wismut GmbH betriebene Wasseraufbereitungsanlage (WBA) im Norden zwischen Bad Schlema und Alberoda erscheint als vielversprechende Wärmequelle, da hier große Wasservolumina auf einem Temperaturniveau von z.T. 20 °C und mehr zur Verfügung stehen. Bislang wird das Grubenwasser nach der Reinigung (Entfernung von Uran, Arsen und weiteren Schadstoffen) ohne Wärmenutzung in die Mulde eingeleitet. Im dritten Schritt des Konzeptes sollen die technischen Möglichkeiten zur Wärmeversorgung mittels Grubenwasser ökonomisch eingeordnet und die erzielbaren Treibhausgaseinsparungen quantifiziert werden. Auf dieser Basis können schließlich für die beteiligten Akteure technisch umsetzbare Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden.
Die bislang erzielten Ergebnisse zeigen ein erhebliches Wärmepotenzial, das zukünftig am Standort der WBA gehoben werden könnte. Im weiteren Verlauf der Konzepterstellung sind die bisherigen Erkenntnisse zu konkretisieren und auch weitere Handlungsfelder zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (z.B. Mobilitätssektor und Stadtgestaltung) zu adressieren. Erste Einblicke in die Zwischenergebnisse wurden auch bereits im Rahmen der Fachkonferenz „GEoKonf“, ausgerichtet von der TU Bergakademie Freiberg am 19.03.24 in Freiberg, in Kooperation mit dem Bürgermeister Herrn Jens Müller präsentiert.